Windchill-Zeit

Heute ist es also soweit, der Schalttag ist angebrochen, und so erleben wir wieder vierundzwanzig Stunden, die uns nicht so bewusst währen,wenn die Jahreszahl nicht ein Vielfaches von Vier währe ...



Nachfolgend möchte ich einige Gedanken niederschreiben; vielleicht Anregungen für weitere Ideen und Verknüpfungen zu neuen // Gedanken //.



"ein Vielfaches von Vier" - eine spannende Aussage, wenn man an die Unendlichkeit des Universums denkt und doch nicht die ganze Wahrheit. Nach dem gregorianischen Kalender ist nur dann jedes vierte Jahr ein Schaltjahr, wenn es nicht ohne Rest durch hundert teilbar ist, es sei denn, die Jahreszahl ist durch vierhundert ohne Rest teilbar. Der gregorianische Kalender geht auf Papst Gregor XIII zurück, der am 24.
Februar 1582 das heute gültige Kalendarium erließ. Unter anderem erließ er, das auf den Donnerstag, den 4. Oktober 1582, als nächster Tag Freitag, der 15. Oktober des gleichen Jahres folgen sollte ...

Erstaunlich wie willkürlich und subjektiv die Zeit eingeteilt wird - das wir Menschen es uns überhaupt anmaßen die ungreifbare Essenz des Universums in Skalen und Instrumente zu pressen. Sonnen-, Wasser- und Kerzen-Uhren sind die Anfänge dieser Einteilung. Vierundzwanzig Stunden zu je sechzig Minuten, je sechzig Sekunden aus hundertstel-, tausendstel-, millionstel-Sekunden. Das dann die mechanische Uhr ein kreisrundes Ziffernblatt hatte und präzise durch eine Erfindung im Takt gehalten wurde, eine Erfindung die "Unruh" genannt wurde, ist genauso absurd.



Was die Zeit ist?

Genaugenommen kann diese Frage nicht allumfassend beantwortet werden. Es ist ein Vorgang - der Vorgang schlechthin, ermöglicht die Zeit doch erst eine Zustandsänderung - ermöglicht die Zeit erst Entstehen und Vergehen. Wenn etwas sich vom definierten Zustand A in B überführen lässt, so vergeht zwischen A und B: ZEIT. Doch, wie viel Zeit vergeht?

Der Mensch geht vom Stand der Sonne aus, von der Menge Wasser die aus einem Tongefäß läuft, von Sand in einem Doppelglas, von der Schwingung der Atome - und definiert daraus Sekunden, Stunden, Jahre. Zeit selbst ist unfassbar - zeitlos - und die wohl treffendste Definition gab Albert Einstein ganz lakonisch: "Zeit ist Relativ".

Bewegen wir uns schnell, vergeht die Zeit langsamer, genauso ändert die Gegenwart von großen Massen die Zeit, verlangsamt, krümmt, deformiert sie und mit ihr den Raum. Einstein fasste daher Raum und Zeit als Einheit auf, als Raumzeit.
So innovativ dieser Schritt auch war, bringt er uns dem Phänomen der Zeit nicht näher. Doch wir kommen aus der Zwickmühle nicht heraus - so allgegenwärtig die Zeit auch ist, so unbegreiflich ist sie.

Letztendlich definieren wir die Zeit durch ihre Auswirkung, beschreiben wir ihre Symptome, nicht die Ursache. Die Änderung eines Dinges von Zustand A in Zustand B zum Beispiel, könnte das ticken des Sekundenzeigers von 42 auf 43 Sekunden sein, er zuckt von einem Zustand in den Nächsten - doch - wie ungenau ist diese Idee. Nach der 42 kommt nicht zwingend die 43, es kommt 42 und endlos viele Nachkommastellen - unendlich viele Zwischenzustände. Uns oberflächlichen Menschen reicht es jedoch die Rotation des Zeigers um 6 Grad zu beobachten und wir wissen - eine Sekunde ist vorbei.



Die Zeit messen?

Etwas messen zu wollen das zumessen nicht möglich ist - vermutlich kommt nur der Mensch auf diese Idee. Tiere haben keine Zeit, brauchen keine Zeit. Nur wir füllen Zeit in Gläser, verschrauben Unendlichkeiten in feinmechanische Gehäuse und tragen unsere Zeit mit uns herum.

Tick - die Sonne geht auf - Tack - die Sonne geht unter - Tick - ein Kind erblickt das Licht der Welt - Tack - sein Schwesterchen ebenso - Tick - Tack - Tick - Tack - - -

Jeder Mensch hat eine bestimmte Zeit auf dieser Erde, ob es nun Minuten oder Jahre sind - Stunden oder ein ganzes Jahrhundert - es ist seine Zeit. Seine biologische Uhr tickt in seinem Takt - noch immer bestimmt durch den Rhythmus von Ebbe und Flut, von Sonne und Mond und doch frei von Sommer, Herbst, Winter, Frühling.

Der Eine trägt eine altmodische mechanische Taschenuhr, der andere eine moderne Digitaluhr; wieder ein anderer hat keine Uhr und doch vergeht die Zeit auch für ihn. So oder so nimmt jeder seine Zeit als Maß der Dinge, richtet er sich nach seinem Gefühl und fühlt er also die Zeit vergehen. "Die Zeit vergeht schnell, wenn man sich amüsiert." Ist sicherlich ein Aspekt dabei. Ablenkung. Wir sind durch freudige Vertiefung zu abgelegt den Fluss der Zeit zu spüren und sind erstaunt das schon wieder soviel Zeit vergangen ist.

Kinder nehmen Raum und Zeit natürlicher und selbstverständlicher hin - und war. Für sie ist es selbstverständlich das die Zeit endlos lang gedeht wird, wenn man vor seinem Teller Spinat sitzt und das die Stunden nur so dahinfliegen, wenn man auf der Wiese spielt. Sie haben keine Begriffe dafür und verschwenden noch keine Gedanken an den "Ernst des Lebens" - sind einfach nur Kind und können sich noch keine Zeit des nicht mehr Kind seins vorstellen.

Zwischen dem "noch nicht" und dem "nicht mehr" liegt das "jetzt" irgendwo zwischen dem Tick der Uhr und der Wahrnehmung diesen Ereignisses wird aus der Gegenwart Vergangenheit. Das "Hier und Jetzt" ist eine Illusion, ein Konstrukt ein Modell einer Wirklichkeit die wir nicht begreifen können. Hawking sieht die Zeit als Kugel ähnlich dem Universum selbst an. Unendlich, ohne Anfang ohne Ende.

Es ist, als sei die Zeit selbst eine Eigenschaft des Universums, als hätte das Universum im Zeitpunkt seines Entstehens diese Eigenschaft geerbt und alles in ihm mit ihm. Wie könnten wir da ein Maß anlegen, Einteilungen vornehmen und zerstückeln?



carpe diem

frei übersetzt also: "Nutze den Tag" - mache das Beste aus der Dir gegebenen Zeit ...

Zeit Sparen kann man nicht. Zeit lässt sich nicht aufheben und "später" wieder verwenden. Mann muß die Zeit hinnehmen wie einen Sommerregen - dagen tuen kann man nichts, aber man kann das beste daraus machen. Als "Simultant" werden in der modernen Psychologie Menschen bezeichnet, die durch "Vergleichzeitigung" ihr Leben ausfüllen - die parallel mehrere Aufgaben lösen: Essen & Zeitung lesen, dabei Radio hören und mit dem Ehepartner über die Kindererziehung reden ...

Simultanten steigern ihre Produktivität - schaffen es mehr zu schaffen. Ob es unhöflich ist, beim Frühlingsspaziergang mit dem Lebensgefährten das Headset im Ohr zu haben und mit dem Cheff zu telefonieren? Die Beziehung leidet so oder so unter der Arbeit - was machen da die fünfzehn Minuten Telefonat - dafür kann man morgen in den heute abgeleisteten fünfzehn Minuten etwas anderes tun ...

Kann dies Sinn und Zweck der Zeit sein? Das Diktat der Sekunden. In der wenigen Zeit auf diesem Planeten alles zu tun was in dieser Zeit zu tun ist - rastlos zwischen zwei Terminen Frühstück und Mittagesse mit Zeitung, Handy und PDA? Im ICE zwischen Hamburg und Berlin nicht die Lanschaft am Fenster vorbeifliegen sehen, nicht die grünen Wälder und Wiesen sehen sondern Karl Klammer auf dem Laptop; nicht sehen wie Hügel am Fenster vorbeiwandern und Bauern auf Traktoren scheinbar zeitlos stehend auf dem Feld verharren; sich nicht an der Geschwindigkeit und am Unterschied der Geschwindigkeiten zwischen Hier und Dort faszieren.

Albert Einstein hat einige der wichtigsten Ideen anhand von echten oder imaginären Zugfahrten entworfen. Welche Geschwindigkeit legt man an den Tag, wenn man in einem fahrenden Zug läuft? Wie verhält sich die Zeit? Unsere eigene Vorstellungskraft geht verloren, wenn wir nur von Termin zu Termin, von Aufgabe zu Aufgabe leben. Die kindliche Faszination, die frei ist von Zeitdruck und Zeitmessung, kommt uns abhanden [vermutlich ebenso wie die Selbstgespräche ...] - geht verloren und mit ihm Lebensqualität, ganz im Gegensatz zum "carpe diem" ...

Wie im Barock geht das "carpe diem" mit dem "memento mori" einher und beeinflusst das Denken und Handeln. Während jedoch in früherer Zeit die Mahnung vor dem Tode den Menschen zu mehr Leben, zum Genuss und der Warnehmung seiner Umwelt und seiner Selbst trieb, seine eigene Vergänglichkeit als legitimation für den Aufbruch zu neuen Ideen und Erfindungen sowie der Erinnerung der Vorfahren diente, wird heute eine maximale produktivität als Lebensinhalt eingesetzt. Werte schaffen, Anerkennung derer gewinnen für die man arbeitet um als unersetzlich, als wichtig zu gelten und nicht in der Masse der Menschheit unbeachtet unterzugehen.



Und was machen wir morgen?

Versuchen wir′s mal mit leben, nicht mit planen und bestimmen. Die Sonne ins Gesicht scheinen lassen, die Wärme der kosmischen Strahlung erleben, den kalten Wind am See riechen und genießen. Vorsätze, das können wir für morgen machen, Ideen und Pläne, doch was sein wird ist ungewiss - aus Erfahrung jedoch können wir vermuten wie der Tag ablaufen wird - wissen können wir es jedoch nicht. Was, wenn wir aufwachen und feststellen das wir einen skurrilen Traum von einem anderen Leben hatten? Was, wenn wir gar nicht aufwachen? Was, wenn morgen auf meiner Armbanduhr der 30. Februar angezeigt wird?